Am Reed nutzten wir natürlich den gro-
ßen Tonarm 3P mit dem Referenz-MC
Benz SLR Gullwing an der Spitze. Die
Schallplatten der genannten Editionen
wurden im extrem verlustarmen „Direct
Metal Mastering“-Prozess (DMM) ge-
schnitten. Der Burmester bezog entspre-
chende Files mit voller Auflösung, also in
24/192, aus einem USB-Stick.
So konnte das Digital/Analog-Schar-
mützel beginnen. Doch was mit hohen
Erwartungen begonnen hatte, erwies
sich zumindest, was die Unterschiede
betraf, schnell als Rohrkrepierer. Denn
die Darbietungen der beiden Quellen
lagen so dicht beieinander, dass noch
nichtmal Stoff für eine sachliche Erörte-
rung, geschweige denn für einen hitzigen
Schlagabtausch der Fraktionen abfiel. Tat-
sächlich tönte der Plattenspieler in den
oberen Lagen um eine Nuance gedeckter,
was aber nur bei geeignetem Programm
auffi el und obendrein wohl eher eine
Eigenart des Muse 3C ist als eine ana-
loge Grundcharakteristik.
Woher wir das wissen? Weil wir parallel
Transrotors Rondino nero mit großem
5009-Arm und einem Benz LP-S dran
mitlaufen ließen. Und die Wiedergabe
dieses Plattenspielers war tonal wie auch
in vielen anderen Parametern praktisch
nicht von den Hochbit-Files aus dem Bur-
mester zu unterscheiden.
Aber auch bei unserem Ausgangsge-
spann wurde es eng, wusste man zeitwei-
lig nicht mehr, was gerade lief, da sich
die sorgfältig gepressten Vinylscheiben so
gut wie nie durch typische Nebengeräu-
sche zu erkennen gaben. Dabei spielte es
keine Rolle, ob nun Tschaikowskys dra-
matisches Violinkonzert von der Edi-
tion I oder das entspannte „We Will Be
Together Again“ des Jimmy Cobb Quartet
vom Chesky-Sampler auflag.
Hinsichtlich der Weiträumigkeit, Auflö-
sung oder Plastizität stellten sich Burmes-
ters „Musiccenter“ und der Plattenspieler
ebenfalls gegenseitig ins Patt. Selbst mit
der ausufernd breit wie tief eingefangenen
Orchesterpassage aus Debussys „La mer“
traten keine signifikanten Unterschiede
auf. Zudem kam deren schattierungsrei-
ches Farbspiel von Vinyl ähnlich aufge-
fächert wie aus dem USB-Stick.
Frust statt Lust für Ideologen
Ein gewisser Abstand stellte sich erst ein,
als wir den „Burmi“ statt hochaufgelös-
ter Bit-Ströme solche im CD-Format
(16/44,1) abspielen ließen. Nun klang
er ein wenig kompakter, in den oberen
Lagen rauer und weniger differenziert,
war der Reed
leicht im Vorteil. Dies
bestätigte aber nur, wie knapp es zwischen
den beiden zuvor gewesen war. Schließ-
lich wurden die Platten ebenfalls von den
24/192-Files produziert.
Tja, das war wohl nix. Zumindest für
jene, die auf einen Vorteil für das von
ihnen favorisierte System gehoffl hat-
ten. Den Ideologen war Frust statt Lust
beschert. Dennoch war die Aktion nicht
umsonst. Denn es gab ja durchaus einige
interessante Erkenntnisse:
• Erstens die, dass die alten Streitereien
um Digital und Analog mit gutem Grund
ad acta liegen. Auf beiden Wegen lassen
sich offenbar höchstwertige Klangbilder
erzielen. Wer wirklich faire Vergleiche
unternimmt, landet bei diesem Resultat.
Fortschritte in der Digitaltechnik machten
das Hickhack obsolet. Andererseits wur-
den die besten Vinyldreher auch erst nach
dem Erscheinen der CD entwickelt.
• Zweitens ist ein guter Plattenspieler kein
Relikt vergangener Tage, sondern immer
noch up to date. Und ein Top-Gerät muss
sich selbst vor den allerbesten Digital-
Komponenten nicht verstecken. Wir wis-
sen zwar, wie’s funktioniert, trotzdem
ist es kaum zu glauben, dass ein mechani-
sches System, bei dem ein Diamant durch
eine modulierte Vinylrille gleitet oder
vielmehr kratzt - von den Stolperfallen
eines Laufwerks gar nicht zu sprechen -,
zu solchen Höhenflügen imstande ist.
Freilich hätte ein ungleich preisgüns-
tigerer Dreher deutlich das Nachsehen
gehabt. Ein Media-Player aus den kleine-
ren Klassen aber ebenso, wie wir aus zahl-
reichen Workshops wissen. Wer meint,
nur weil er ein Hochbit-File hört, schwebe
er bereits auf HighEnd-Wolke 7, der liegt
leider falsch. Die Erfahrung zeigt, dass
die Qualität des Abspielgeräts auch hier
wesentlichen Einfluss auf die Güte der
Performance nimmt.
• Als dritte und letzte Erkenntnis darf gel-
ten, dass es tatsächlich möglich scheint,
Feinstinformationen bei entsprechendem
Aufwand - etwa in Form des DMM-Ver-
fahrens - in die Rille zu schneiden. Und
was dabei vielleicht doch verlorengeht,
macht der Plattenspieler womöglich auf
andere Art wieder wett; mehr dazu in
einem anderen Heft. All das sichert ihm
auch in Zukunft einen Platz in der ersten
Reihe der HiFi-Komponenten.
Deshalb war niemand am Ende der auf-
schlussreichen Session enttäuscht. Für
den Plattenspieler gilt: Nie war er bes-
ser als heute, und die Media-Center aller
Klassen erobern eh die HiFi-Welt. Prima
Aussichten für alle, die gut Musik hören
wollen - auf welche Weise auch immer.
Matthias Böde
Testen Sie Ihre Anlage!
J
eder HiFi-Fan fragt sich: Wie ist das Qualitätsgefüge meiner Kompo-
nenten zueinander. Fällt der CD-Player gegen
den Plattenspieler ab? Klingt der günstige
Streamer mit Hochbit-Files besser als das ehe-
mals teure SACD-Gerät mit der Disc? Auch dafür
hat STEREO drei Hörtest-Editionen vorgestellt,
mit denen jeder zu aussagekräftigen Ergebnissen
kommt. Sie enthalten eine Hybrid-SACD, eine Schall-
platte sowie DVD-ROMs mit Files von MP3 bis hinauf
zum ultimativen Produktionsstandard von 24 Bit und 192
Kilohertz. Beim Treffen von Burmester und Reed setzten
wir die Editionen I (r.) und III (o.) ein, deren im DMM-Verfahren
geschnittene Vinylscheiben extrem dicht an den Hochbit-Files sind.
Die Editionen I und III gibt's für jeweils 49 Euro bei vielen PREMIUM
PARTNERN oder direkt von STEREO (siehe Shop auf Seite 62).
U
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